Wertschätzung bekunden durch Förderung der individuellen Bedürfnisse

Jetzt in der ruhigen Zeit findet man einmal ausreichend Gelegenheit etwas nachzudenken. Dabei bin ich wieder auf ein Grundprinzip der Natur, und somit auch der menschlichen Natur, gestoßen, welches ich hier einmal etwas näher kommentieren möchte.

Wenn man sich mit den Pflanzen befasst, so erkennt man, dass z. B. verschiedene Blumen unterschiedliche Blüten besitzen und auch zu unterschiedlichen Zeiten blühen, unterschiedlich gedüngt werden müssen und auch jeweils einer anderen Pflege bedürfen. Die einen Blumen brauchen viel Wasser, andere dagegen ganz wenig und dies unter Umständen zu anderen Zeiten und mit anderer Häufigkeit. Manche Pflanzen müssen, wenn Sie jung sind, an einen Stock oder Stab gebunden werden, damit sie nicht umknicken, andere sind von alleine stabil genug. Wartet man mit dem Anbinden zu lange und gibt dann die Richtung zu abrupt und massiv vor, kann es sogar geschehen, dass die Pflanze abbricht. Was will ich mit diesen Anmerkungen beschreiben? Sind wir Menschen nicht wie Blumen und Pflanzen auch sehr unterschiedlich? Kann man mit dem richtigen Umgang nicht Menschen dazu verhelfen besser in Erscheinung zu treten oder sie im anderen Fall sogar kaputt zu machen?

Einen ganz besonders wichtigen Aspekt stellt in dieser Hinsicht die Erziehung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen dar. Hier ist es schon im zarten Kindesalter sinnvoll die unterschiedlichen Bedürfnisse des Kindes zu erkennen und dessen Interesse zu wecken und anzuregen. Es gibt genügend Fälle in denen sich z. B. ein Kind ein bestimmtes Musikinstrument wünscht und dies auch zu spielen erlernen will. Bekommt das Kind dann nicht das richtige und gewünschte Musikinstrument, kommt es häufig vor, dass das musikalische Interesse sehr schnell wieder abebbt und verschwindet. Es ist hierbei entscheidend, das Interesse des Kindes und dessen Begabung zu fördern. Dieser Gesichtspunkt trifft auch auf die verschiedensten Interessengebiete zu. Dabei erweist es sich als sinnvoll, den Kindern schon in jungen Jahren möglichst viele Wissensgebiete spielerisch nahe zu bringen und dadurch deren Interesse für diese Wissensgebiete zu wecken; dies ist vergleichbar mit dem Bewirtschaften eines Gartens oder der mit Landwirtschaft; Interesse für Wissensgebiete sähen und begießen.

In Bezug auf Lehrer kann man feststellen, dass es wichtig ist, dass diese Aufgabe kein Beruf oder noch schlimmer Job ist, sondern eine Berufung des Lehrers sein sollte, den Kindern wirklich nützliches Wissen zu vermitteln. Dazu gehört eine intrinsische Motivation und ein echtes Interesse an den Schülern. Um dies zu erreichen zu können, ist es notwendig sich in die Schüler und ihre Probleme hineinversetzen. Weckt man das Interesse für ein Fach oder eine Aufgabe werden die Schüler leichter das Gewünschte lernen, als wenn dies nur wegen der Noten und nicht wegen des Faches geschieht. Meine eigenen Erfahrungen bestätigen diesen Sachverhalt mehrfach. Wenn der Inhalt des Faches nicht für sich persönlich für wichtig erachtet wird, wird man in diesem Fach mit einem Wissen und letztendlich mit Noten zufrieden sein, die gerade noch das Vorrücken nicht behindern. Zum Glück hatte ich insbesondere während meiner Realschulzeit viele Lehrer, die jung und motiviert waren. Mein großes Interesse galt in dieser Zeit der Mathematik und so habe ich viel dafür gelesen, probiert und gelernt, wodurch dann aber andere Fächer, damals u. a. Englisch, vernachlässigt wurden. Aus diesem Grund gab mir mein damaliger Mathematiklehrer ein englisches Mathematikbuch. Um den Inhalt des Buches verstehen zu können, musste ich mich notgedrungen mit dem Englischen befassen. Da ich in dieser Zeit mit meinem Wissen in Mathematik schon weit vor dem Klassenniveau war, war der Mathematikunterricht eher langweilig, so dass ich während dieser Unterrichtsstunden schnell die Aufgabenstellungen löste und dann andere Dinge, wie Hausaufgaben für andere Fächer, nebenbei erledigte. Mein Mathematiklehrer verstand es mir dann andere Aufgaben zu geben und Graphen verschiedener komplizierterer Funktionen zeichnen zu lassen, die mich dann faszinierten. Dies verdeutlicht, dass es sehr wichtig ist, auf die Schüler mit ihren speziellen Bedürfnissen einzugehen. Der Gedanken drängt sich mir auf, dass wenn Einstein heute in die Schule gehen würde, so würde man ihn wahrscheinlich als hyperaktiv abstempeln und er käme so wahrscheinlich in die Sonderschule. Dem geneigten Leser sei hier empfohlen einmal eine Biografie von Einstein zu lesen, z. B. „Einstein“ von Klaus Fischer im Herder Verlag. Ein anderes Beispiel erlebte ich mit einer Schülerin, die in Mathematik einmal Schwierigkeiten hatte. Ich sah mir ihr Mathematikheft an. In einem Gespräch mit dem Mathematiklehrer erklärte ich ihm, dass ich glaube, dass er wohl nie Schwierigkeiten mit Mathematik gehabt hätte, was er mir dann bestätigte. Sein Problem bestand zufolge dessen darin, dass er die Rechenschritte nicht richtig erklären konnte, da er sich nicht in seine Schüler und deren Verständnisschwierigkeiten hineinversetzen konnte. Auf Grund dieses Gesprächs wurde der Unterricht besser und das Problem hatte sich erledigte. Durch meine eigene Unterrichtstätigkeit kann ich bestätigen, dass es notwendig ist, bei Fragen der Schüler oder Studenten nicht gleich mit einer direkten Beantwortung der Frage zu reagieren, sondern es ist durchaus angebracht dann geschickte Gegenfragen zu stellen und so dem Lernenden zu helfen nachzudenken und so selbst zu einer Lösung zu gelangen. Auf diese Weise kann Hilfe zur Selbsthilfe gegeben werden. Auch dieses Vorgehen setzt aber voraus, die Gedanken des Gegenüber nachzuempfinden. Wenn der Schüler dann auf diese Weise lernt Aufgaben selbst gut zu lösen, wird auch sein Selbstvertrauen gestärkt und dies wiederum hilft, künftig leichter an solche Aufgabenstellungen heranzugehen.

Eine Erklärung, die man auch bezüglich des Lehrens und Lernens schon in einschlägiger Literatur lesen konnte, besagt, dass man im Schulwesen vor allem die Stärken weiter fördern und stärken sollte, zwar die Schwächen verbessern sollte, aber es nicht als das Ziel anzusehen sei, einen Schüler in allen Fächern und Disziplinen gleichmäßig gut zu befähigen, da man dadurch auch nur Mittelmäßigkeit erreichen kann. Wenn Stärken gefördert werden, erhält dadurch gute Experten.

Für diejenigen die tiefer in diese Materie einsteigen wollen und die pädagogischen Hintergründe (Pädagogik, Hermann Hobmaier) erkennen möchte, sei hier auf die Intensionen von Rudolf Steiner verwiesen. Ganz besonders interessant ist aber auch der Ansatz von Maria Montessori. Ihr Grundansatz bestand u. a. darin auf den inneren Bauplan des Kindes einzugehen und die Kinder individueller zu fördern.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch auf einige Fehler in der heutigen Bildungspolitik, wie es mir scheint, eingehen. In letzter Zeit wurden Ausbildungszeiten verkürzt, wie durch das G8 und das sechssemestrige Bachelorstudium. Weiterhin wurden Studiengebiete auf ganz spezielle Aufgabengebiete zugeschnitten ohne breitere Fachkenntnisse zu vermitteln. So werden "Experten" herangezogen, denen aber der Blick nach links und rechts fehlt. Durch ein derartiges Studium werden aber disziplinübergreifende Betrachtungen und Entwicklungen eher erschwert, was wiederum Innovationen verhindert. Ich denke, dass eine breitere gründlichere Ausbildung mit Blick über den Tellerrand hinaus, langfristig die besser Wahl für den Einzelnen darstellt (man ist nicht so sehr auf eine spezielle Aufgabe festgelegt), aber auch für die Gesellschaft, da auch weitreichendere Auswirkungen einer Entwicklung oder eines Produktes eher erkannt werden können. Zu dieser Ausbildung gehört auch die Möglichkeit einen Blick aufs Ganze zu entwickeln, wozu aber auch soziale und kulturelle Aspekte zählen.

Das hier Dargestellte, gilt nicht nur für die Erziehung von Kindern und Jugendlichen sowie die Ausbildung von Schüler und Studenten, sondern trifft genauso auch in der Arbeitswelt zu. Auch in der Arbeit ist es essentiell seinen Mitarbeitern zuzuhören und sich in deren Gedanken hineinzuversetzen. Um dies leisten zu können ist Achtung und Wertschätzung für die Mitarbeiter von grundsätzlicher Bedeutung. Ich möchte hier einen Auszug aus Schulungsunterlagen des Schmidt Collegs zitieren. Unter der Überschrift „Wir müssen führen lernen!“ wird der Sachverhalt erklärt: „Was würde es nützen, wenn ein Unternehmer durch glückliche Umstände sehr gute Mitarbeiter bekäme, aber nicht fähig wäre, diese zu führen? Sie würden wahrscheinlich in kürzester Zeit geringer Leistungen erbringen oder abwandern. Man kann sagen: Ein Mitarbeiter ist immer so gut, wie er geführt und behandelt wird. Goethe schreibt dazu: „Behandle einen Menschen, wie er ist, und er wird schlechter; behandle einen Menschen, wie er sein könnte, und er wird besser!““. Daraus ist deutlich ersichtlich, dass wenn Mitarbeiter gängelt werden, sie auf Dauer unselbständiger handeln werden. Auch Henry Ford beschrieb dies mit den Worten „Wenn es ein Geheimnis für Erfolg gibt, so ist es dies: Den Standpunkt des anderen verstehen und die Dinge mit seinen Augen zu sehen.“ Ein weiterer bedeutungsvoller Aspekt besteht darin, dass sich auch nicht jede Person, trotz unter Umständen gleicher Ausbildung, für die gleichen Aufgaben gleich gut eignet, da unterschiedliche Personen auch unterschiedliche Persönlichkeiten, Neigungen und Talente besitzen. Den Sachverhalt, dass es schwierig ist, Menschen richtig zu führen, bestätigt auch das Zitat von Nelson Rockefeller: „Für die Gabe, Menschen richtig zu behandeln, zahle ich mehr als für jede andere Fähigkeit unter der Sonne“.

Sinn und Zweck unseres Handeln sollte es sein, auf die Mitmenschen als Individuen einzugehen und die jeder Person eigenen Interessen zu fördern und dort Hilfe zur Selbsthilfe zu geben, wo es notwendig ist. Es gilt im Menschen das Gute zu sehen und die jeweiligen Umstände und Eigenheiten zu beachten. Als Veranschaulichung möchte ich die Mitmenschen noch einmal mit einer Menge an Blumen vergleichen. Um eine schöne Blütenpracht zu erhalten, muss man die verschiedenen Pflanzen auch gemäß ihren vielfältigen individuellen Bedürfnissen behandeln. Das Gegenteil stellt die anfällige und unschöne Monokultur in der heutigen Landwirtschaft dar. Wie eine gleichförmige bzw. gleichgeschaltete Gesellschaft aussehen kann, hat die Geschichte ja in unserem Land hinlänglich negativ bewiesen.
Es sei empfohlen wieder zu lernen das Ganze und die Entwicklung der Gesellschaft zu sehen und nicht nur einseitig die Wirtschaft zu betrachten. In dieser Hinsicht scheinen die Skandinavier weiter zu sein als wir.

Abschließend sei hier auf ein Gebot verwiesen, das auch ähnlich in der Bibel zu finden ist: „Was Du willst, dass Dir die Menschen tun, tue auch ihnen.“






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